Jedipedia:OSWM 67

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Das Star Wars - Droidenkabinett

Jeder kennt R2-D2, C-3PO und die Droidenarmee der Handelsföderation. Ein tieferer Blick in das Erweiterte Universum zeigt aber, dass es auch Geschichten zu weitaus ungewöhnlicheren Droiden zu erzählen gibt: Sie überwinden ihre Programmierung und versuchen sich als Attentäter, rächen sich an ihren Schöpfern oder wandeln gar auf den Spuren der Macht.

Wer die beiden Knights of the Old Republic-Spiele kennt, die zur Zeit des Jedi-Bürgerkrieges und damit mehr als 3.000 Jahre vor den Filmen angesiedelt sind, erinnert sich sicher noch an HK-47. Der Name geht auf die Billardgruppe des Autors Drew Karpyshyn zurück, die ihren Namen wiederum an das sowjetische Sturmgewehr AK-47 angelehnt hat. Zugleich kann es als Abkürzung verstanden werden: “Hunter - Killer”, der Auftrag, Ziele zu finden und zu bekämpfen. Der von Revan als Protokolldroide getarnte Attentäter fiel durch seine zutiefst sarkastischen Aussagen auf, die ihn zu einem unterhaltsamen Gesprächspartner machen. Einer der interessantesten Dialoge ist zu erleben, als das HK-Pazifistenpaket ihn in einen friedliebenden Protokolldroiden verwandelt:

HK-47: „Das war knapp. Fast hätte ich mich dem Frieden und dem Pazifismus hingegeben… eine schreckliche Vorstellung.

Allerdings brachte HK-47 seinen Besitzern in der Regel kein Glück. Nachdem er von seinem Erbauer getrennt worden war, durchlief er eine Odyssee unzähliger Besitzer, darunter sogar ein anderer Droide namens G0-T0, der sein Potential als Tötungsmaschine erkannte und ihn als Vorlage für seine spätere HK-50-Baureihe verwendete. Zugleich haben sich die Spieleentwickler mit G0-T0 selbst einen Insider-Scherz erlaubt. “Goto” ist ein in vielen Programmiersprachen funktionierender Befehl, der meist bei schlechter Programmierung zu finden ist. Angesichts G0-T0s skrupellosen Vorgehens in der organisierten Kriminalität ist “schlechter Stil” wohl das Mindeste, das man ihm zugestehen kann.

“Werden Sie mir wehtun?“, lautete die erste Frage, die I-5YQ an Lorn Pavan stellte. Verständlich, wenn man bedenkt, dass ihn seine vorherigen Besitzer von ihrem Dach geworfen hatten, um  herauszufinden, ob er den Aufprall überstehen würde. Pavan betrachtete ihn als seinen Partner und nahm ihm den Kreativitätsdämpfer ab, sodass er ein äußerst gesundes Selbstvertrauen entwickelte und nach dessen Tod die Suche nach dessen Sohn Jax aufnahm - nachzulesen in Darth Maul: Der Schattenjäger. Michael Reaves führte den Droiden in den MedStar-Romanen zunächst einmal in die Klonkriege nach Drongar und ließ ihn nicht nur Patienten betreuen, sondern auch versuchen, betrunken zu werden. Allerdings erlangte er dadurch nicht die Erkenntnis, die manch einen am nächsten Morgen trifft, sondern, dass er seine Mission erfüllen muss. Daher nahm er in der Romanreihe Coruscant Nights eine weitere Rolle in Reaves’ Romanen ein und half Jax dabei half, in der Zeit des Galaktischen Imperiums in der Unterwelt von Coruscant zu überleben.

Weniger bekannt, aber dennoch interessant: 8t88 aus dem Videospiel 'Jedi Knight. Ursprünglich ein Buchhalter, lässt er sich nach einem langen Weg als freier Droide und Informationshändler auf Nar Shaddaa nieder. Antrieb für seine Karriere war stets das Aufspüren der Person, die ihm einst seinen Kopf gestohlen hatte. Dabei vertrat er die Auffasung, er stehe über den menschlichen Konzepten von Moral und Justiz, sodass er Aufträge von allen Seiten annahm. 8t88 besaß auch keine Skrupel, einen früheren Klienten zu verkaufen - sein Verhängnis, da er in der Auseinandersetzung zwischen Kyle Katarn und Jerec als Köder verwendet wurde und seinen Kopf erneut verlor. Dennoch blieb er weiter im Geschäft - mit regelmäßig wechselnden Ersatzköpfen.

Einen ganz anderen, jedoch nicht kanonischen Weg ging hingegen der Astromechdroide R5-D4, genannt “Skippy”. Mit einer ungewöhnlich hohen Konzentration an Midi-Chlorianern in seinem Schmieröl war er in der Lage, Dinge schweben zu lassen, und befreite sich auf diese Weise vom Hemmbolzen seines Besitzers Jabba. Kaum war er dessen Palast entflohen, wurde er von Jawas eingesammelt und auf einem Flohmarkt zum Verkauf gestellt. Zunächst bemühte er sich, mithilfe der Macht anstelle von R2-D2 von Owen Lars gekauft zu werden. Als er R2-D2s Schicksal in letzter Sekunde als Vision erkannte, opferte er sich durch die Zerstörung seines Motivators, um den Weg freizumachen. Es ist aber beinahe verwunderlich, dass Skippys Vorgeschichte und der Grund für seinen Ausfall von Lucasfilm nie offiziell bestätigt wurde.    

Ein weiteres Droidenpärchen stellen Bollux und Blue Max dar. Ersterer war ein Arbeitsdroide mit ungewöhnlich hoher “Lebensdauer”, letzterer war ein Hochleistungsdroide, der auf das Eindringen in geschützte Computersysteme gedacht war. Nachdem die beiden während einer Mission zusammen mit Han Solo ihre Freiheit gewonnen hatten, folgten sie dem Schmuggler, da sie das Universum bereisen und Abenteuer erleben wollten. Dabei setzten sie wiederholt ihre Leben aufs Spiel, um ihre Weggefährten zu beschützen, und erwiesen sich als außerordentlich kreativ, was das Lösen von Problemen und das Befreien von Solo betraf. Wichtiger aber war, dass sie Solo von seinem abgrundtiefen Hass auf Droiden befreien konnten, was spätere Erlebnisse mit dem altbekannten Pärchen R2-D2 und C-3PO wohl erst möglich gemacht hat.


Geliebte Blechkisten

Nach Ausführung der Order 66 bleiben nur wenige Jedi übrig. Die Machtergreifung Palpatines alias Darth Sidious hat zahllose Opfer unter ihnen gefordert, der Orden existiert nicht mehr. Neben Obi-Wan Kenobi und Yoda, deren Überleben in Episode III gezeigt wird, gibt es im Erweiterten Universum noch weitere Überlebende, die mitunter ihre ganz eigenen Wege verfolgen: Einige schließen sich dem Widerstand an, andere beginnen ein neues Leben oder wechseln sogar auf die Dunkle Seite. [1]

So vielfältig Droiden aus Star Wars und alle sonstigen Roboter aus der Science-Fiction sein mögen, so haben sie eines gemeinsam: Sie sind bloß Maschinen. Dennoch lachen wir über sie, verfolgen ihr Handeln mit Spannung, empfinden Verlust wenn sie zerstört werden, obwohl sie doch nie gelebt haben. Wie kommt es also, dass wir Menschen sie ins Herz schließen?

Üblicherweise sind die Roboter und Automaten wie wir sie aus dem Alltag kennen Geräte, die für einen bestimmten Zweck gebaut sind. Sie erfüllen ihre Aufgaben nach einem starren Verhaltensmuster, das ihnen durch ihre Programmierung gegeben ist. Obwohl technisch komplex, erscheinen uns die meisten von ihnen simpel und bewältigen eher eintönige Aufgaben. Ein individuelles Verhalten findet sich nicht, der bösartige Humor von Verkaufsautomaten kommt bekanntlich serienmäßig. Außerdem stoßen sie bei veränderten Bedingungen schnell an ihre Grenzen und verzweifeln, wenn sie nicht gerade gezielt für Flexibilität und Vielseitigkeit gestaltet wurden. Und selbst dann wirken ihre selbstständigen Fahr-, Lauf- und Kletterversuche bisweilen wie unter dem Einfluss von Alkohol - oder wie ein Fall für die Gummizelle.

Ihnen fehlt das, was fiktive Roboter oft wie selbstverständlich besitzen - eine Persönlichkeit. Die treffen ihre eigenen Entscheidungen, knüpfen Bindungen miteinander und zu lebendigen Wesen, sie zeigen Kreativität. Manchmal unterstützen sie sogar den sprichwörtlichen Ritter in glänzender Rüstung bei der Rettung gewisser Prinzessinnen, ironischerweise sind sie dabei ebenfalls mit Blech verkleidet.

Oft besitzen sie Einschränkungen, zum Beispiel in ihrer Fortbewegung, oder bringen ihrer Programmierung entsprechend bestimmte Neigungen mit, doch auch das unterstreicht ihre Individualität. Sie werden damit zu echten Charakteren, die wir Menschen akzeptieren und denen wir nachfühlen können.

Nicht einmal Sprache ist dafür zwingend nötig, wie R2-D2 oder die mechanischen Hauptdarsteller aus „Wall·E“ eindrucksvoll beweisen. Es hat sich sogar herausgestellt, dass künstliche Figuren einen gewissen Abstand zum menschlichen Vorbild benötigen. Zwar sind sie umso glaubwürdiger, je ähnlicher uns ihr Verhalten ist, jedoch nur bis zu der Schwelle, ab der die Mischung aus menschlichem Erscheinen und doch nicht richtig Mensch-Sein unser Unterbewusstsein Alarm schlagen lässt. Besonders Filmemacher wissen um diesen sogenannten „Uncanny Valley“-Effekt und achten daher darauf, nicht versehentlich ein Gruselkabinett zu erschaffen.

Solange Roboter also auf ihre eigene Weise Persönlichkeit zeigen und wir uns selbst in ihnen wiederfinden, sind sie als Darsteller so geeignet wie jedes lebende Wesen, das diese Voraussetzungen erfüllt. Nicht Leben sondern der Eindruck von Lebendigkeit ist also der Grund, warum wir auch Maschinen lieben können. Bis unsere echten Exemplare so weit sind, dürfte jedoch wohl noch einige Zeit vergehen. In der Zwischenzeit werden sie uns weiter pflichtbewusst Fahrkarten verkaufen, unsere Fußböden reinigen und Autos zusammenschweißen. Vielleicht verdienen sie dafür ja doch ein wenig mehr Respekt.
[1] - Anmerkung: Es handelt sich bei diesem Abschnitt um einen Setzfehler im Original.


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Beitrag erstmals erschienen im Offiziellen Star Wars Magazin Nr. 67. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Offiziellen Star Wars Magazins. © & TM 2015 Lucasfilm Ltd. All rights reserved. Used under authorization.